Nun ist es tatsächlich vorbei. Ich bin wohlbehalten zurück und kann auf eine extrem erlebnisreiche und intensive Zeit zurück blicken. Die letzten 27 Tage waren so derartig voll mit Eindrücken, Erlebnissen, Gefühlen und Reizen, dass ich wohl noch eine ganze Weile brauche um das alles zu verarbeiten und wahrhaftig wieder zu Hause anzukommen. Jetzt, wo ich wieder hier in meinen sicheren 4 Wänden sitze, kommt es mir rückblickend so vor, als sei ich auf einer Zeitreise gewesen. Es erscheint mir momentan alles so unwirklich was ich da unten, keine 2000 Kilometer entfernt von uns, gesehen und erlebt habe.
Denn auch wenn die Balkanländer landschaftlich jede Menge zu bieten haben und es locker mit Österreich, Frankreich oder der Schweiz aufnehmen können, infrastrukturell sind sie um einige Jahrzehnte zurück und haben noch einen enorm langen Weg vor sich. Ich bin gespannt wie sich diese Länder in den nächsten Jahren entwickeln und werde es mit großem Interesse verfolgen. Ich hoffe, dass die Kinder dieser Länder irgendwann einmal unbeschwert in ihre Zukunft blicken können.
Trotz all dem Leid, dem Smog, der teilweisen schlechten Straßen, dem Müll, den Hunden und der allgemeinen Armut überwiegen ganz klar die positiven Eindrücke. Dadurch dass ich allein unterwegs war, war ich komplett auf mich und meine Reise konzentriert und habe so jeden Moment intensiv wahrgenommen. Das macht genau den Unterschied zwischen alleine reisen oder in einer Gruppe reisen aus.
Die Frage, die sich jeder einzelne vor einer Reise dieser Art stellen sollte ist:
Möchte ich mit einer Gruppe Spass habe oder möchte ich inmitten meiner Reise sein und jeden einzelnen Moment den mir diese Reise bietet wahrnehmen, aufsaugen und genießen?
Ich habe mich ganz klar für das Alleinereisen entschieden, was natürlich auch in Anbetracht meiner an den Tag gelegten Performance wohl die richtige Entscheidung war. 🙂 Ich kenne wenige, die den Speed Tag für Tag hätten mitgehen können (Aber es gibt sie. ;-)). Denn neben all dem Abenteuer hatte meine Reise auch einen nicht zu verachtenden sportlichen Aspekt.
Der sportliche Aspekt war es am Ende auch, der mich nach dem Erreichen Griechenlands noch über die Alpen geschickt hat.
Die Fährfahrt von Griechenland nach Venedig verlief extrem entspannend für mich: Essen, Schlafen, Internet, Essen, Schlafen, Internet, Essen, Internet, Schlafen. Und schon waren die 25 Stunden rum und ich befand mich wieder auf sicheren Boden in Italien. Es konnte also ausgeruht auf die weiteren Etappen quer durch die Alpen bis nach Ingolstadt gehen. Leider war das Wetter nun nicht mehr auf meiner Seite und ich musste des Öfteren meine Pläne ändern. Ursprünglich war geplant mehrere Tage in den Dolomiten zu verbringen, aber aufgrund vorhergesagter Kälte und Regen, wurde daraus nichts.
Meinen ersten Stopp legte ich also noch am Alpenrand im Flachland ein um noch möglichst viel Wärme zu erhaschen ehe es am nächsten Tag bei Regen und einstelligen Temperaturen über den Passo Rolle (1989 müNN) ging. Dieser Pass hatte es wahrlich in sich und stellte für mich mit meiner über 40 Kilo Ausrüstung eine große Herausforderung dar. Er schlängelt sich auf einer Länge von knapp 40 Kilometer auf eine Höhe von 1984 müNN hinauf, und das von knapp Meeresspiegelniveau. Es war also eine wahre Freude für mein Sportlerherz diesen Giganten der Alpen souverän zu bezwingen.
Zwar konnte ich den Moment am Pass kaum genießen, weil es wie aus Kübeln regnete aber es hat sich trotzdem voll gelohnt. Die Abfahrt im Dauerregen hingegen war alles andere als freudig. Meine Bremsgummis lösten sich auf, sodass ich große Mühe hatte heil den Pass hinunter zu kommen. Nachdem ich am nächsten Morgen im Bikeshop neue Bremsgummis und einen neuen Hinterreifen montiert bekommen habe, ging es über den Karerpass hinunter nach Bozen und durchs Etschtal rüber nach Meran und schließlich weiter nach St. Leonhard im Passeiertal wo ich meine nächste Unterkunft fand.
Ich entschied mich an diesem Tag für die Weicheivariante durch die Täler weil hier die Temperaturen um 10 Grad angenehmer waren als oben in den Bergen. Die Dolomiten hatte ich somit hinter mir gelassen und nun nur noch einen Giganten auf meiner Agenda: Das Timmelsjoch auf 2474 müNN. Zwar bin ich diesen herrlichen Pass schon mehrmals gefahren, auch im Rennen beim Ötztaler Radmarathon, aber noch nie mit soviel Gepäck an Board.
Umso überraschter war ich, als ich ohne große Mühe und Pausen rolleurhaft nach einem Pfirsich, Snickers und 3h Fahrtzeit am Pass angekommen war. Das hatte ich mir weitaus schwieriger vorgestellt nach all den Wochen im Sattel. Zum Glück hatte der Wettergott ein Einsehen und ließ es nur kurz, während ich im Tunnel war, regnen.
Zur nächsten Pension ging es nun noch durch das Ötztal, das Inntal und das Leutaschtal nach Mittenwald wo ich mich seelisch und moralisch auf meinen letzten Tag im Sattel vorbereitete. Es standen nochmals knapp 200 Kilometer auf dem Plan, leider die ersten 3 Stunden davon im Dauerregen. Mit guter Regenkleidung und ordentlich Druck auf dem Pedal war das aber kein Problem. Wichtig war nur, ordentlich Dampf zu haben, damit ausreichend Wärme produziert wird und man nicht friert.
Deshalb war ausreichende Verpflegung heute nochmals das A und O. In Garching im Farmers Cafe and Steakhouse ließ ich mir einen herrlig leckeren Burger schmecken (Übrigens, eins der schönsten Restaurants mit einer der freundlichsten Bedienung während meinen letzten 27 Tagen auf Reisen.) und hatte so genügend Kraft die letzten Stunden im Sattel bis Ingolstadt zu verbringen. Dort wurde ich von meinem Vatta abgeholt und mein Sommerabenteuer 2015 war somit erfolgreich besiegelt.
Ich freue mich, dass ich so viele Leser mit meiner Reise und den Berichten begeistern konnte und sage DANKE! Die Vorbereitungen auf meine nächste Reise laufen bereits. Im Dezember 2015 wird es für 6 Monate nach Neuseeland und Australien gehen. 🙂
Statistik meiner Griechenlandtour 2015
Etappe 20 auf Strava
Etappe 21 auf Strava
Etappe 22 auf Strava
Etappe 23 auf Strava
Etappe 24 auf Strava
Karte meiner kompletten Griechenlandtour durch den Balkan
Höhenprofil Stadtroda – Griechenland
Höhenprofil Venedig – Ingolstadt
- 27 Tage
- 24 Etappen
- 3171 km
- 160 Stunden
- 35530 Höhenmeter Aufstieg
- 108524 Energieverbrauch (Berechnung lt. Garmin ohne Pulswerte)
Bis dahin: Keep Smiling! 🙂
Euer Musch!
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