Es regnet. Normalerweise trübt schlechtes Wetter immer etwas meine Laune. Nicht so heute. Denn auch wenn ich noch nicht mit der Südinsel fertig bin, fühlt es sich ein wenig so an, als hätte ich gestern gefinisht. Die letzten Tage waren nicht sonderlich erholsam.
Nach Wanaka war nicht so richtig der Weg das Ziel, sondern vielmehr die Stadt Nelson im Norden der Insel.
Ich wollte unbedingt das außerordentlich gute Wetter ( Sonne + Rückenwind ) an der Westküste nutzen und hatte Null Bock im Sturm und Regen dort herum zu gondeln.
Ich legte also nach 4 Tagen mehr oder weniger Erholung in Wanaka eine ordentliche Schippe drauf und spulte in den folgenden 7 Tagen gute 860 Kilometer ab. Ich ließ zwar auch ein paar Sehenswürdigkeiten aus aber die kann ich mir zu Hause im Internet wahrscheinlich viel gemütlicher reinziehen.
Sowieso bin ich nicht so der Freund von diesen hoch angepriesenen Touristenattraktionen, wo Massen von Menschen in Bussen hin gekarrt werden, ihre 1845 Fotos schießen und weiter zum nächsten Hotspot fahren. Zwar entgeht mir so sicher das ein oder andere Highlite aber mit gemütlichem sightseeing hat das eh nichts zu tun – das ist reine Massenabfertigung.
Da war der Besuch von Milford Sound schon absolut grenzwertig für mich. Ist es doch eines der angesagtesten Reisziele für alle Neuseelandreisenden. Unzählige Busse fahren hier tagtäglich die 121 km Strecke von Te Anau zum Milford Sound damit zehntausende Touristen von dort aus eine Bootsfahrt unternehmen können. Ich finde, wenn ich mir irgendwas angucken will, muss ich es auch aus eigener Kraft dort hin schaffen. Das ist genauso mit den Gondeln in den Bergen womit Massen von Touristen auf den Berg gebracht werden um ihre Fotos schießen zu können. Wir als Wanderer, wir, die den ganzen Tag dafür hart gekämpft haben um den Gipfel zu erreichen, werden dann mit einem enormen Trubel am Gipfelkreuz belohnt, fernab von jeglicher Bergidylle. Wahrscheinlich werden wir auch noch komisch angeguckt wenn wir nach den Strapazen etwas leicht nach Schweiß riechen. 🙂
Vielleicht denke ich mit 85 Jahren anders darüber und freue mich über Busse und Berggondeln. Derzeit bekomme ich jedenfalls immer ein enorm großes Glücksgefühl wenn voll gestopfte Reisebusse an mir vorbei heizen. Ich freue mich, dass ich gesund bin und diese Unternehmung aus eigener Kraft meistern und gemütlich genießen kann.
So habe ich also eine Milford Sound Bootstour für früh um 9 Uhr gebucht. 99 % aller befragten hatten mir davon abgeraten den Highway zum Milford Sound by bike zu befahren. Ich solle doch mit dem Bus fahren, meinten sie. 😀
Zuviel Busse, zu gefährlich haben sie gemeint. Klar, wenn ich erst gegen 9 Uhr frühstücke und zur Rushhour losfahre, kann es eng auf dieser Passstraße werden. Ich hingegen bin früh im Dunkeln halb 6 Uhr gestartet und hatte den kompletten Highway für mich allein – Bachrauschen, Vogelgezwitscher und die einzigartige Kulisse dieser grandiosen Bergwelt – Gänsehautfeeling pur!
Am nächsten Tag durfte ich das selbe noch einmal genießen. Denn, um auf den Gertrude Saddle zu gelangen, darf man die Milfordsound Passstraße ein weiteres mal bis fast ganz rauf fahren. Der Gertrude Saddle wurde mir von mehreren als schöne Halbtageswanderung mit atemberaubender Aussicht auf die Bergwelt inklusive auf den Milford Sound Fjord empfohlen. Da dieser Track für „experts“ ausgeschrieben war, war es hier oben auch relativ ruhig. Noch dazu war ich wieder einer der ersten auf dem Track und konnte somit die Aussicht und das „Gipfelglück“ vollends genießen. Später wurde es dann auch hier oben recht voll. Doch wie heißt es so schon: „Der frühe Fisch fängt den Wurm.“ Während also um die 20 Mann noch auf dem Weg zum Gipfel waren, brauste ich mit schnellem Schritt bereits wieder auf dem Weg nach unten an Ihnen vorbei – auch ein schönes Gefühl in die verschwitzten Gesichter kucken zu dürfen. 🙂
Der nächste Tag hier oben im Milford Sound Gebiet verlangte taktisches Fingerspitzengefühl. 😉 Hier oben wimmelte es nämlich nur so von sandflys (Wer oder was sind sandflys? Lest es nach auf dem Blog von Jan. ).
Da diese Biester jedoch nachtblind und vor allem am Morgen und Abend aktiv und hungrig sind, bereitete ich am Abend bereits alles für eine frühe Abreise vor, baute das Zelt schließlich früh im Dunkeln im Stirnlampenlicht gegen 5 Uhr ab und gondelte in der Morgendämmerung zurück runter nach Te Anau in sandflyfreies Gebiet.
Dort unten gab es die bis jetzt auch zweitbesten Pies zu kaufen. ( Die besten gab es in Mossburn, handmade.) Jeden Tag, den ich in Te Anau verbrachte habe ich mindestens einen gegessen. Was sind Pies? Das sind kleine Blätterteigkuchen, ca. 10 cm Durchmesser mit Fleisch oder Gemüse Füllung. Am leckersten waren die mit Rind.
Nach einem Ruhetag im lieblichen Mossburn ging es endlich nach Queenstown. Queenstown ist wirklich wunderbar gelegen inmitten der Berge an einem großem See. Leider aber ist diese Stadt extrem touristisch und teuer. Trotzdem ließ ich es mir nicht nehmen, zusammen mit Yannis und Sarah einen allseits bekannten Ferg Burger für 14 $ und ein Eis für 7 $ essen. „Watt muut datt muut.“
Von Queenstown aus ging es noch auf den Ben Lomond ehe es ins wunderschöne Glenorchy ging und auf einem Schlag wieder extrem ruhig wurde. Leider war es hier extrem staubig weil der Bergwind Unmengen von Sand aus dem Flussbett ins Dorf beförderte. Für eine gemütliche Wanderung auf den Mont Alfred und Baden im See, war dieses Dorf aber ideal. In Glenorchy traf ich am Morgen vor meiner Abreise auch ein nettes Paar aus Auckland, die mir sogleich ihre Nummer gaben und mir ein Bett für die Zeit in Auckland angeboten haben. Super!
Weiter ging es nach Wanaka, aber nicht bevor ich nochmal in der Cokkiebar in Queenstown halt gemacht hatte. Der Slogan „It’s always CookieTime“ spricht für sich. Zwar kostet einer dieser Cookies um die 3 $, aber die sind es wert – sooo lecker! Dazu noch ein Kaffee in der Morgensonne und den Passanten zuschauen – es gibt fast nichts besseres. 🙂
In Wanaka fühlte ich mich so richtig wie im Urlaub. Diese Region zählt bis jetzt zu meinen Lieblingsregionen Neuseelands. Viele würden zwar sagen: „Sieht ja aus wie Frankreich!“, aber wo in Neuseeland sieht es nicht nach irgend einem europäischen Staat aus?
Wanaka liegt an einem wunderbaren See mit vielen gemütlichen Badestellen ohne dieses typische Mainstream – Badestrandfeeling mit 1000 Handtüchern, Liegen, ein Mann mit Bauchladen und einer Idylle wie auf dem Sonntagsmarkt.
In Wanaka verbrachte ich rekordverdächtige 4 Nächte. Hier machte ich sogar meinen ersten Triathlon: Ich fuhr by bike zum Startpunkt des Roys Peak, lief mit solidem Schritt zum Gipfel und wieder herunter und ging im Anschluss gleich noch ne Runde schwimmen. Herrlig! Im Bikeshop Goodrotations wollte ich meinem Bike eine frische USB Ladebuchse verpassen lassen. Leider wurde die bemerkenswerte Einsatzbereitschaft von Matt, dem Inhaber dieses coolen Ladens, nicht mit Erfolg gekrönt. Der Lader von Supernova, Plug3 kostet zwar ein Haufen Kohle, bringt es aber einfach nicht. Ein Paket mit frischen Ersatzteilen ( Danke Fahrradhandel Hädrich, St Gangloff ) und dem Top USB Lader von Cycle2Charge geht bald auf den Weg nach Neuseeland.
Lediglich der Ausflug in Richtung french ridge hut war nicht von Erfolg gekrönt. Ich startete extra früh halb 6 Uhr um die 70 km by bike und 15 km hiking an einem Tag zu schaffen. Leider waren die 40 km Schotterpiste waschbrettartig geformt, sodass ich Mühe hatte nicht während der Fahrt auszurasten. Ich war ständig auf der Suche nach der nicht vorhandenen Ideallinie. Mal rechts, mal links, mal mittig. Überall diese Wellen. Die Luft habe ich so weit es ging vom Reifen gelassen um wenigstens ein bisschen Dämpfungswirkung zu haben. Viel geholfen hat es nicht. Es war der blanke Hass und ich brauchte zu lange als dass ich noch rauf zu french ridge hut hätte kraxeln können. Also unternahm ich nur eine kleine Wanderung im Tal und holperte wenig später back nach Wanaka. Naja, ich muss mir ja auch noch was für das nächste mal aufheben. 😉
Der folgende restday war dann zur Abwechslung mal wahrhaftig ein restday mit Eis essen, Baden gehen, und schlafen.
Ich hatte keine Lust darauf Wanaka zu verlassen, aber ich musste. Ich wollte ja weiter kommen. Ich wusste aber, dass ab Wanaka die sandflys die Übermacht gewinnen würden und gemütliche Pausen, gemütliches abends am Zelt sitzen oder herum spazieren kaum oder nur mit hohem Stress verbunden sind.
Der Weg entlang der Westküste Südneuseelands kann im Vergleich zur Wanaka – Gegend unterschiedlicher nicht sein. Nach kaum 100 km in nördlicher Richtung war plötzlich wieder alles grün und wechselte bis hin zu einem klassischen Regenwald. Landschaftlich wird es hier in Neuseeland wirklich niemals langweilig. Ständig gibt es neues zu bestaunen, wobei mir die Wanaka – Gegend eindeutig besser gefallen hat. Nichtsdestotrotz ist die Westküste sehr beeindruckend.
Ich habe noch nie so einen ursprünglichen, urigen Wald gesehen. Man fährt hier regelrecht mitten durch. Sicher gibt es hier auch unzählig schöne Wanderungen aber wie bereits oben geschrieben, wollte ich einfach nur in den Norden.
Die deutsche family mit Mo, Kay und Mats haben mich dabei das ein oder andere mal vor dem Hungerast bewahrt. Kennen gelernt habe ich sie in Haas auf dem campsite. Während der darauf folgenden Etappen haben sie mich mehrmals aus ihrem Wohnmobil heraus mit Wasser, Bananen und Riegeln versorgt. Ich kam mir vor wie bei der Tour de France. Das war einzigartig. 😉 Das war absolute Weltklasse. Später kehrten wir zusammen auf Jacks Gasthof ein und verbrachten den Abend together in ihrem WoMo. Mo, Kay und Mats, wenn ihr das lest: Wir brauchen noch ein Gemeinschaftsbild zusammen!
Nach Pancake Rocks und Glühwürmchen bestaunen und dem ein oder anderen Sandflybiss bin ich nun endlich im ersehnten Norden angekommen. Das Klima ist hier oben gleich eine Nummer tropischer und schwüler – ideal also für mich.
Jetzt heißt es erstmal wieder erholen und Plan für die nächsten Tage machen. Der Norden mit seinen vielen schönen Stränden und dem Abel Tasman Park hat nämlich noch einige Leckerbissen für mich bereit stehen. Ich bin gespannt. Langweilig wird es jedenfalls noch nicht. Es gibt viel zu tun.
Bis bald!
Euer Musch
Wieder sehr schöner Bericht. Dafür komme ich gern zu spät auf Arbeit ? Tolle Fotos. Danke, dass du uns so genial an deiner Reise teilnehmen lässt.
Genieß die Zeit ?
Deine Fotos echt Grandios und die Wortwahl immer wieder amüsant 🙂
Es macht echt Spaß deinen Blogs zu lesen.
Hi Tobias! Na das hör ich doch gerne. So soll es sein. ?
Ahoi aus NZ
Fränk
Sehr schön mal wieder was zu lesen und zu sehen von deiner Reise, echt tolle Fotos und Artikel. Sauber Junge ?. Wie ich in Jan seinem ausführlichen Blog gelesen habe werden die sandflys auch noch üblicher Weise (und ich finde bezeichnender) „asshole“ genannt was schon erahnen lässt wie drauf die sind ?. Was es nicht alles gibt. Also dann wünsche ich dir nicht also viele aufeinandertreffen mit den Viehchern und wenn dann ohne Flipflops?.
Genieße weiter deine Zeit da unten und lass dich nicht von einer Waschbrettpiste auf de Palme treiben.
Bis bald.
See you ?.
Moin scheijen mei friend,
Wiederum auch immer wieder herrlich deine Kommentare zu lesen. Weiter so!?
Ja die sandflys. Könnt mich immer wieder zerreißen wenn ich an Jans Beitrag denke. „Asshole“ aber so ist es echt. Diese Biester vermasseln echt alles. ?
Ihr jungen Kerle wisst gleich was „Asshole“ heißt. Ich musste erst nachschlagen?????????
Wirklich treffend für solche A………? aber jetzt hast du sie ja „überholt“??
Hi Frank,
ich bin wieder ganz begeistert von deinem Bericht! Schön, dass du immer Mal wieder echte und verständnisvolle Naturfreunde triffst. Im nächsten Leben werde ich dir nacheifern. In diesem fahre ich noch Auto 😉
Den Bienen hier geht es übrigens gut. Wenn du genug gefüttert hast, werden sie auch das Frühjahr gut erreichen 🙂
beste Grüße
Jürgen
PS.: endlich weiß ich wie „EL NINO“ aussieht (die Tilde habe ich eingespart 🙂
nochmals: hab weiter deine innere Genugtuung!
Jürgen